DIE Technologie der Zukunft – bald made in Lausitz?

Net Zero Valley Lausitz

Mit dem Rückenwind von Wirtschaft, Wissenschaft und sozialen Verbänden ist die Lausitz gerade auf dem Weg, Europas Hotspot für grüne Industrie zu werden. Gleichzeitig fließen durch den Strukturwandel über 37 Milliarden € an öffentlichen und privaten Investitionen in die Region. Wir klären über die Entwicklung auf.

Lausitzer Wahl

GRÜNE Industrie – bei diesem Begriff dürften wohl erstmal ein paar aufschrecken. Um das zu wissen, muss man sich nach den letzten Landtagswahlen hier nur die Beliebtheit der Partei angucken, die in ihrem Programm den kompletten Stopp der „Fokussierung auf rein klimaideologische Maßnahmen” fordert – die AfD.

Grün wie Geld

Was viele noch nicht zu verstehen scheinen: Klimafreundliche Technologien sind nicht nur toll für die Umwelt, sondern auch schon lange zu einem der wichtigsten Zukunftsmärkte avanciert. Ab der nächsten Seite zeigen wir deswegen erstmal die Situation auf dem Weltmarkt auf und gehen danach zur Lausitz über.

Die Lausitz voranbringen

Unsere Region hat gerade die Chance, eine Quasi-Sonderwirtschaftszone zu werden. Für eine Zusammenfassung des Themas, weitere Inhalte und die Möglichkeit, diesen Aufschwung zu unterstützen – besuche gerne:

Net Zero Valley im Web

Weltweiter Boom

Wir erleben gerade einen globalen Boom der grünen Industrie. So haben sich die jährlichen Ausgaben für Energiewende-Technologien wie Erneuerbare oder Speicheranlagen von 2020 bis 2023 fast verdoppelt.

Konkurrenzsituation

Deutschlands Energiewende sei ein Alleingang – solche Aussagen hört man immer wieder, sie könnten aber nicht weniger der Realität entsprechen. Ja, als 3.-größte Volkswirtschaft wendet man hohe Summen auf, in Relation zum BIP ist das aber verglichen mit China nur die Hälfte.

Immer effizienter

Der Grund für diese Entwicklung: Durch die ansteigende Produktion werden die entsprechenden Technologien immer billiger und Dank ihres oft höheren Wirkungsgrades auch wettbewerbsfähiger.

Immer besser

Erneuerbare zum Beispiel können so laut einer Analyse von Fraunhofer aus 2018 mit weniger als 4 ct/kWh bereits billiger Strom produzieren als Fossile. Und das ohne eine Bevorteilung in Form von Förderungen bzw. CO2-Bepreisung.

Endlich autark

Dabei könnte sich die Umstellung auf Alternativen besonders für Deutschland als Glücksfall herausstellen. Europa ist nämlich ein rohstoffarmer Kontinent, weswegen im Bereich der Fossilen schon lange eine Abhängigkeit von Auslandsimporten besteht.

Geld für Abhängigkeit

Zumal eine Loslösung von Importen auch ein enormes Ersparnis von Kosten bedeuten würde. So hat Deutschland von 2013 bis 2023 allein für Erdgas- und Rohölimporte rund 76,5 Mrd. €/Jahr ausgegeben.

Know-how

Um vom expandierenden Markt der grünen Technologie ein Stückchen abzukommen, ist eine Expertise im Bereich Forschung und Entwicklung unabdingbar. Und auch hier punktet Deutschland.

Vergessene Stärke

Deutschland ist basierend auf der reinen Faktenlage prädestiniert dafür, sich durch die Transformation hin zur grünen Industrie neue Wertschöpfungsmöglichkeiten zu erschließen. Das Beispiel der Solarbranche zeigt aber, was momentan noch schief läuft. Hier war man nämlich Anfang der 2000er noch ein großer Player und besitzt auch heute noch die effizienteste Technologie. Durch bessere Produktionsbedingungen wird der Markt mittlerweile aber fast komplett von China dominiert, mit einem Anteil von 80 % am weltweiten Umsatz (154 Mrd. € pro Jahr) und 95 % unter den in Europa verwendeten Modulen. Aufgrund besserer Bedingungen wurde uns einfach der Rang abgelaufen.

Milliarden-Programme

Ob „Made in China 2025“-Strategie, Inflation Reduction Act oder Japans Green Transformation – um sich eine führende Position auf dem expandierenden Markt der grünen Technologien zu sichern, forcieren gerade immer mehr Staaten Multimilliarden Wachstumspakete. Und auch die EU zieht endlich hinterher.

Net Zero Industry Act

… heißt so eine Verordnung, welche diesen Sommer in Kraft getreten ist und erstmals einen Rahmen für aktive Industriepolitik schafft. In dieser werden von Erneuerbaren über Wasserstoff bis zu alternativen Antrieben 19 Schlüsseltechnologien definiert, deren Produktion in der EU angekurbelt werden soll.

Neue Wertschöpfung

Dadurch wird z.B. im Fall der Erneuerbaren erstmals nicht der Ausbau, sondern die herstellende Industrie gefördert, die ganze Lieferkette inklusive. Das Ziel dabei lautet bis 2030 min. 40 % der Binnennachfrage der EU nach strategischen grünen Technologien aus eigener Produktion zu decken.

Lang ersehnte Vorteile

Die ganze entsprechende Branche profitiert dafür von extrem verbesserten Rahmenbedingungen. Diese umfassen unter anderem die Beschleunigung von Genehmigungs- und Planungsprozessen, den besseren Zugang zu Finanzierung und die Qualifizierung von Arbeitskräften.

Die genauen Maßnahmen des Net Zero Industry Acts:

  • Genehmigungs- und Planungsprozesse, die sonst mehrere Jahre dauern, werden auf bis zu 9 Monate verkürzt.
  • Die Beschleunigung von Planung und Genehmigung gilt für die gesamte Lieferkette der Schlüsseltechnologien.
  • Neben weiteren EU-Mitteln können die Länder nun 25 Prozent der Einnahmen aus dem Emissionshandel einsetzen.
  • Durch unter anderem Academies mit Anschubfinanzierung der EU werden Arbeitskräfte qualifiziert.
  • In einem Kommunikationsraum werden EU-Kommission, Staaten, Industrie, Wissenschaft und Partner vernetzt.
  • Durch gezielte Kriterien und eine EU-Quote für öffentliche Ausschreibungen wird Produktion in der EU bevorteilt.
  • Abscheidung von EU-weit mindestens 50 Mio. Tonnen CO2 in Zusammenarbeit mit den entsprechenden Werken.
  • Für die Wettbewerbsfähigkeit der EU auf dem Cleantech-Markt wichtige Projekte werden nochmals priorisiert.

Der Net Zero Industry Act ist diesen Juni in Kraft getreten. Schon im Februar hat sich die Lausitz allerdings als erste Region Europas in Brüssel als Net Zero Valley beworben und im Mai war auch schon der damalige EU-Industriekommissar Thierry Breton zum Gegenbesuch hier und hat Unterstützung geäußert. Foto: Andreas Franke

Lausitz First

Und die Lausitz hat sich nicht nur als erste Region beworben, sondern arbeitet bereits an einem konkreten Strategiepapier, das den Weg hin zum Net Zero Valley ebnen soll. Die Schnelligkeit dieser Entwicklung ist dabei dem zu verdanken, dass Kommunen, Landkreisen, Wirtschaft, Wissenschaft und Sozialpartnern geschlossen hinter dem Vorhaben stehen und kooperieren. Ist dieser Prozess dabei von Erfolg gekrönt, winken für die Lausitz neben den Punkten aus dem Net Zero Industry Act noch weitere Vorteile.

Weitere Maßnahmen für Net Zero Valleys

  • Die Einführung von standardisierten Verfahren beschleunigen Planungs- und Genehmigungsprozesse nochmal zusätzlich.
  • Weitere Fördermittel werden als Bündelung der Gelder von regionaler, nationaler und EU-Ebene gebündelt ausgeschüttet.
  • Zusammenhängende Projekte wie die Digitalisierung der Verwaltung oder der Infrastrukturausbau werden umgesetzt.
  • Arbeitskräfte werden fokussierter in die entsprechenden Regionen geleitet.
  • Unternehmen und Akteure erhalten durch eine einheitliche Kontaktstelle für Service und Transparenz.

Der Vorteil der Lausitz dabei: Die Beschleunigung von Genehmigungs- und Planungsprozessen, der bessere Zugang zu Finanzierung und die Qualifizierung von Arbeitskräften würde hier mit dem Strukturwandel und seinen 37 Mrd. € an öffentlichen und privaten Investitionen zusammenfallen. Dabei würden dann einmalige Synergieeffekte entstehen, z.B. würde gerade hier die GigawattFactory der LEAG den Grundstein für die Ansiedlung der grünen Industrie liefern: rund um die Uhr Strom aus Erneuerbaren (weitere Beispiele nebenan). Es spricht also gerade alles dafür, dass die Lausitz zukünftig von einer gleich doppelten Wirtschaftsförderung profitiert.