Ein Interview zum Stand und zu Zukunftsplänen.

Wie digital ist die BTU Cottbus-Senftenberg?

Seit dem Beginn der Coronapandemie und dem damit verbundenen Lockdown ist der Studienalltag nicht mehr derselbe. Bei den rund 7.000 Studierenden der BTU Cottbus-Senftenberg wurde die eigene Wohnung zum Hörsaal. Lehrende hatten wiederum eine zügige Umstellung von der gewohnten Präsenzlehre hin zu einer neuen digitalen Lehre zu meistern. Mittlerweile ist das Studium in Präsenz dank dem Abflauen der Pandemie wieder die Norm – doch die digitale Prägung bleibt und ist zum Teil der Identität von Hochschulen geworden. Einige Studienbestandteile haben sich als tauglich für die Fernlehre erwiesen und auch außerhalb vom Hochschulalltag finden viele Meetings, Konferenzen oder Weiterbildungen bevorzugt digital statt. Was bedeutet diese Entwicklung für die Zukunft von Bachelor und Master – wurde hier ein Prozess angestoßen, der das Verlassen der eigenen Haustür zum Studieren bald verzichtbar macht? Wie digital ist die BTU Cottbus-Senftenberg heute und wie virtuell wollen sie werden? Wir nähern uns in einem Interview mit dem Vizepräsidenten für Studium und Lehre der BTU, Prof. Dr. rer. nat. habil. Peer Schmidt, dem Bild einer „digitalen Hochschule“ an und zeichnen die künftige Entwicklung vor.

Wie ist Ihre Idealvorstellung von einer „digitalen“ Hochschule?
Eine „digitale“ BTU zu schaffen, ist nicht das eigentliche Ziel. Vielmehr geht es darum, die Vorteile des Einsatzes digitaler Technologien in allen Bereichen der Universität, d.h. vor allem in der Lehre, Forschung und Verwaltung optimal auszunutzen, um so die Prozesse effektiver zu gestalten. Außerdem möchten auch wir die Studierenden auf die Mitgestaltung der digitalen Gesellschaft und Wirtschaft entsprechend vorbereiten. Die Universität ist und bleibt aber primär ein physischer Raum, in dem Menschen studieren, arbeiten und sich treffen – das sehen wir als sehr wichtig an. Auch wenn der physische Raum an den Stellen, wo es sinnvoll ist, um virtuelle Möglichkeiten ergänzt wird.

Wie weit sehen Sie die BTU auf diesem Weg?
Digitalisierung ist ein kontinuierlicher Prozess – wir sind gut dabei und haben bereits einen vergleichsweise guten Stand erreicht, sowohl im Handlungsfeld Lehre – was uns erlaubt hat, die Herausforderungen der Corona-Zeit gut zu meistern, als auch in der Forschung und Verwaltung. Wir sind uns aber auch bewusst, dass es noch Luft nach oben gibt und arbeiten kontinuierlich an neuen Lösungen.

Welche weiteren Maßnahmen planen Sie für die Zukunft und wie finanzieren Sie diese?
Der neue Hochschulentwicklungsplan der BTU wird verschiedene Schwerpunkte im Bereich der Digitalisierung setzen, insbesondere in den Handlungsfeldern Lehre, Forschung und Verwaltung, aber auch zum Beispiel in der Internationalisierung und Weiterbildung.
Auf dieser Basis soll eine detaillierte Digitalisierungsstrategie inklusive eines Maßnahmenplans für die nächsten Jahre entwickelt werden. Darüber hinaus bildet die Digitalisierung natürlich auch den inhaltlichen Gegenstand von Forschung und Lehre in den einzelnen Fachgebieten und ist zentrales Thema im Zusammenhang der bevorstehenden Strukturwandelmaßnahmen.

Die Maßnahmen werden sehr oft im Rahmen von drittmittelfinanzierten Projekten durchgeführt. So fördert zum Beispiel das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur des Landes Brandenburg in diesem Jahr den Ausbau Digitaler Infrastrukturen an der BTU mit circa 2,2 Millionen Euro. Im Programm „Hochschullehre durch Digitalisierung stärken“ der Stiftung „Innovation in der Hochschullehre“ wird die BTU als Verbundkoordinator mit einem Projekt zur Förderung der Sprachkompetenzentwicklung internationaler Studierender mit etwa 2 Millionen Euro unterstützt. Auch die erfolgreiche Bewerbung der BTU im Programm „Künstliche Intelligenz in der Hochschullehre“ zielt darauf ab, innovative, digitalisierte Lehr- und Lernszenarien zu erproben und nachhaltig in der Lehre zu etablieren.

Im Grunde begleitet das Thema Digitalisierung mittlerweile den gesamten Student Life Cycle. So ist die Studienorientierung im College der BTU mit ihren Angeboten zum digitalen Orientierungstag und der Präsentation der Studiengänge in der „360° Umgebung“ genauso präsent wie das Zentrum für wissenschaftliche Weiterbildung mit seinen digitalen Fortbildungsmodulen.

Welcher Ihrer Lehrstühle meistert die Digitalisierung am besten und warum?
Wenn es um die Digitalisierung der Lehre geht, hat aus unserer Sicht der überwiegende Teil der Fachgebiete der BTU in der Corona-Zeit erfolgreich digitale Lehr-, Lern- und Prüfungsformate entwickelt und umgesetzt. Es zeigt sich mittlerweile, dass Digitalisierung vor allem Möglichkeiten schafft, auf heterogene Bildungsbiografien und unterschiedliche Lebenssituationen der Studierenden stärker Rücksicht zu nehmen. Deshalb gibt es gar nicht so sehr „die beste Lösung“ – vielmehr ist die Adressierung verschiedener Formate wichtig. Wir sprechen dabei vom „Blended Learning“ – also der Kombination von analogen und digitalen Lehr-, Lern- und Prüfungsformaten. In diesem Sinn werden am 11.11.2021 zum Tag der Lehre an der BTU die diesjährigen Lehrpreise vergeben werden.

Wie können Studierende in ihrem Studienalltag von einer digitalisierten Lehre profitieren – und wie von einer digitalen Hochschulverwaltung?
Aus unserer Sicht profitieren die Studierenden am meisten durch die Flexibilisierung des Studiums, da durch Online-Lehrveranstaltungen, Vorlesungsaufzeichnungen oder Online-Prüfungen eine hohe Orts- und Zeitunabhängigkeit erreicht werden kann. Ein großer Nachteil ist aber die Einschränkung der persönlichen sozialen Kontakte, sodass nach der Corona-Zeit hier eine sinnvolle Balance angestrebt werden muss.
Eine digitalisierte Hochschulverwaltung sollte es den Studierenden ermöglichen, alle Anliegen rund um das Studium und studentische Leben zu erledigen – und das unkompliziert, schnell und möglichst ohne persönlich erscheinen zu müssen.

Wie hat die Digitalisierung Ihren eigenen Alltag erleichtert?
Die Digitalisierung ermöglicht auch den Mitarbeitenden, flexibler und ortsunabhängiger zu arbeiten. Darüber hinaus stellt die digitale oder auch hybride Kommunikation zum Beispiel per Videokonferenz eine echte Alternative für Besprechungen und Projektgruppen dar, bei denen persönliche Präsenz bspw. mit größerem organisatorischem Aufwand (z.B. Dienstreisen) verbunden ist.

Sehen Sie die Möglichkeit, dass zukünftig Online-Lehrgänge den Präsenzunterricht vollständig ablösen?
Nein, die Vorteile des Präsenzstudiums und der damit verbundenen sozialen Kontakte und persönlichen Austauschmöglichkeiten können aus unserer Sicht nicht durch reine Online-Formate ersetzt werden. Das heißt, dass wir nicht auf Präsenzstudiengänge verzichten werden. Diese können jedoch um digitale Formate bereichert werden, wo sich ein besonderer Mehrwert für Studierende ergibt. Es gibt allerdings auch besondere Situationen und Zielgruppen, bei denen sich reine Online-Angebote besser eignen. Die BTU ist zum Beispiel genau wie die Hochschule Zittau/Görlitz dabei, einzelne Master-Studiengänge zu entwickeln, die online studiert werden können und damit auch für internationale Studierende oder Berufstätige attraktiv sind. Als Teil des Europäischen Hochschulnetzwerks EUNICE kann die BTU in Zukunft mit digitalen Modulangeboten den Austausch der Lehrenden und Studierenden sicher noch stärker voranbringen.

Wie können Studierende dabei helfen, die Digitalisierung voranzutreiben?
Die Studierenden sind gerne eingeladen, sich aktiv auf allen Ebenen einzubringen. Die einzelnen Lehrenden sind in der Regel sehr dankbar, wenn sie Feedback zu ihren digitalen Lehrveranstaltungsformaten oder neue Anregungen bekommen. Dies kann sowohl im Rahmen der Lehrevaluation, aber auch über die Feedback-App in der Lernplattform moodle oder im persönlichen Gespräch erfolgen. Darüber hinaus sind die Studierenden zur Mitarbeit in Gremien und Arbeitsgruppen der BTU eingeladen, die sich mit den Themen rund um Digitalisierung befassen und letztlich die (Mit-)Gestaltung der digitalen Zukunft ermöglichen.

Welche Forschungsprojekte oder auch studentischen Initiativen gibt es an Ihrer Hochschule, die sich mit der Digitalisierung auseinandersetzen?
Es gibt eine Reihe von Projekten an der BTU, sodass eine Aufzählung aller den Rahmen sprengen würde. Im Handlungsfeld Lehre gibt es beispielsweise ein Projekt zur Einführung einer Online-Option des internationalen Studiengangs „World Heritage Studies“, welches im kommenden Semester startet. Das Projekt Learn&Play steht kurz vor der Veröffentlichung eines Serious Games für die Studienvorbereitung auf dem Gebiet der technischen Mechanik. Im Projekt „Heterogen-ial-Prüfen“ werden Lehrende zum heterogenitätssensiblen Einsatz von elektronischen Prüfungen und Assessments qualifiziert.

Die Digitalisierung ist auch ein wichtiger Schwerpunkt bei den Forschungsprojekten in verschiedenen Fachgebieten – darunter sind insbesondere Großprojekte im Zusammenhang mit dem Strukturwandel in Vorbereitung.
Bei studentischen Initiativen ist besonders die Entwicklung der BTU-Campus-App zu nennen, welche als studentisches Projekt im Rahmen einer Lehrveranstaltung initiiert und zu einer App weiterentwickelt wurde, die seit mehreren Jahren erfolgreich an der BTU eingesetzt wird. Auch derzeit sind an der Weiterentwicklung der App Studierende der Informatik maßgeblich beteiligt.

Wir danken für das Interview.


Foto: BTU Cottbus-Senftenberg

eTutor werden – digitales Wissen weitergeben

Als Studierender der BTU Cottbus-Senftenberg kann jeder, der in digitalen Medien fit ist, seinen Teil zu einer erfolgreichen digitalen Transformation beitragen: mit der Ausbildung zum studentischen eTutor. Bei dieser Weiterbildung werden Grundlagen im Bereich eLearning gelegt. Dazu gehört, dass die Teilnehmenden zu einer angemessenen Nutzung digitaler Medien zur Gestaltung moderner Lehrveranstaltungen befähigt werden. Außerdem lernen sie die Rolle des eTutors kennen und werden für Beratungsprozesse und Beratungssituationen sensibilisiert. Im Laufe der Qualifikation werden sie mit Tätigkeitsabläufen im eLearning Team vertraut gemacht.
Die Ausbildung gliedert sich in acht Module und kann für Studierende auch über das Studium hinaus wertvoll sein, wenn es darum geht, mit digitalen Lehrmitteln umzugehen und das Wissen weiterzugeben. Infos unter:

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